Mittwoch, 18. August 2010

Lange ists her...

Tja Nimmerland,

war und wird wohl nix mit dem öfter mal kurz melden und um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung woran das liegt. Wird wohl aber eine Mischung aus Faulheit und dem immerwährenden Umstand sein, dass das Internet in so weiter Ferne liegt. Nichtsdestotrotz gibt’s jetzt mal wieder eine längeres Update, jetzt wo ich ein bisschen Zeit habe.

Und warum habe ich Zeit. Weil ich im Wartezimmer der Klinik in Puriscal sitze und darauf warte in den nächsten 3-4 Stunden an die Reihe zu kommen. Ich bin mal wieder überrascht von dem wirklich guten medizinischen Standard in diesem Land. Gerade die Klinik in Puriscal ist hochmodern und wirklich mit allem ausgestattet was das medizinische Herz begehrt. Als Ausländer zahle ich 60 Euro Behandlungsgebühr, wobei Röntgen, Blutbild und sogar Medikamente inklusive sind. Kein Wunder, dass sich so viele Amis bei einem Trip nach Costa Rica mal eben durchchecken lassen, was ja eigentlich nicht sehr fair ist. Auf jeden Fall wirklich gut ausgestattet der Laden, auch wenn das natürlich nicht überall in Costa Rica so aussieht und ich auch schon die eine oder andere Schauergeschichte gehört habe. Aber wenn man sich die Situation auf dem Land in Deutschland anschaut (z.B. Meckpom) dann stellt sich das auch nicht besser dar. In San Jose gibt es hingegen ein halbes Stadtviertel nur mit Kliniken und Ärzten, wobei die meisten davon privat sind. Der medizinische Tourismus in Costa Rica wächst und wächst ähnlich wie in Thailand und vor allem für plastische Chirurgie kommen viele Ausländer nach San Jose.

Also warum bin ich eigentlich in der Klinik? Ich war letzte Woche wieder mal mit Freunden in Nicaragua und wiederzwei Tage mit Boot auf dem Lago Nicaragua nach Solentiname unterwegs. War mal wieder sehr lustig und es wurde gefischt, viel gelacht, relaxt und getrunken. Auf jeden Fall muss ich mir beim schwimmen im See oder auf diesem verdreckten Boot – das hättet ihr mal sehen müssen – was eingefangen. Habe irgendeinen Ausschlag, der sich innerhalb einer Woche über den ganzen Körper verteilt hat. Und weil mittlerweile meine Haut schon blutig aufplatzt und es echt wehtut und ich nicht schlafen kann, hab ich gedacht: Gehst du mal besser zum Arzt. Ist ja das erste Mal für mich hier in Costa Rica und nach einem Jahr kann ich damit dann eigentlich ganz zufrieden sein. Wenn man sich mal anschaut mit was sich die anderen Freiwilligen schon so rumgeschlagen haben, ist so ein bisschen Ausschlag ja noch ganz harmlos. Wenigstens gibt mir das ein bisschen Zeit zum schreiben.

Meine liebe Mutter hat mich darauf hingewiesen, dass sich mein Blog wie eine einzige Party liest, weil ständig vom Trinken und Drogen die Rede sei. Nimmerland, das stimmt natürlich nicht, ganz im Gegenteil. Hier geht es wirklich ruhig zu und z.B. war ich in den letzten 4 Monaten hier in Palmichal zweimal in der Kneipe für ein Bierchen. Aber gerade weil es sonst immer so ruhig ist – bei mir zumindest – und ja auch das Geld echt knapp ist, werden die raren Gelegenheiten zum Feiern dafür exzessiv genutzt. Und da das dann meistens irgendwelche Partys oder besondere Anlässe sind, bleiben mir die eben im Gedächtnis und werden somit als erzählenswert erachtet. Also um der Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen: Es wird wenig gefeiert, aber wenn dann viel – falls es jemanden interessiert. Ich will hier ja keine schlechte Reputation aufbauen.

Daher will ich es diesmal auch dabei belassen zu sagen, dass Solentiname wirklich lustig und entspannt und trotzdem auch irgendwie anstrengend war. Außerdem habe ich meinen Geburtstag gefeiert und das war wirklich sehr lustig, denn auch wenn ich alle Leute eingeladen hatte, hätte ich nie gedacht, dass auch wirklich fast alle kommen. Naja, so waren also auf einmal 25 Leute bei mir im Haus und so wurden Matratzen und Decken aus der Lodge „geliehen“. Und da ein paar schon früher kamen und ein paar noch länger blieben, war das ein wirklich schöner und entspannter Geburtstag und ich kann mich nur bei Allen bedanken, die sich da auf den weiten Weg gemacht haben und auch bei denen, die aus der Ferne an mich gedacht haben.

Ansonsten war der letzte Monat irgendwie ruhig, vor allem weil mein Chef im Urlaub war. Habe trotzdem ein bisschen was von meiner To-Do-Liste streichen können, ein paar Übersetzungen gemacht, die Mailbeantwortung des Vereins übernommen, Bänke und Tische gestrichen, einen alten gusseisernen Ofen restauriert, mit dem Bau des Kompost begonnen und natürlich auch weiter in der Lodge geholfen und meinen Deutsch- und Englischkurs gegeben. Trotzdem war es ein ruhiger Monat und so war ich doch irgendwie froh, als mein Chef wieder kam, zumal mit gefüllten Taschen. So wurde mein August mit Pumpernickel, Landjäger und Löwensenf eingeleitet, was mir wirklich eine dicke Portion Heimweh beschert hat. Und trotz des Heimwehs habe ich mittlerweile das Gefühl auch in Palmichal richtig angekommen zu sein und das will ich euch anhand zwei kleiner Erlebnisse des letzten Monats schildern.

Ihr wisst ja nun, dass ich wirklich auf dem Land wohne und zwar sowas von im Nirgendwo, dass es purer fast nicht mehr geht. Und so hab ich mir an einem freien Samstag ein Frühstück gemacht, wie ich es frischer noch nicht gegessen habe. Habe mich morgens auf den halbstündigen Weg zur Käserei auf dem Berg gemacht und frischen Käse und frische Eier gekauft – und ich meine wirklich frisch, also gerade gemacht. Bei meinem Nachbarn habe ich mir Milch bestellt und auch das heißt, ich habe neben der Kuh gewartet, während er mir einen Liter Milch frisch „gezapft“ hat. Dann habe ich mir ein Pinto gemacht mit Kräutern aus meinem Garten und frisch gekochten Bohnen, Rührei, Tortillas, Käse und lecker Kaffee. Dann habe ich mich mit diesem köstlich frischen Mahl auf die Bank vor mein Haus gesetzt, mich von den Sonnenstrahlen wärmen lassen, die durch den Morgennebel brachen, habe die Schmetterlinge in meinem Garten beobachtet und dem Bach zugehört, der durch mein Grundstück plätschert. Und das war alles in allem wirklich ein Moment tiefster Zufriedenheit und persönlichen Glückes.

Das zweite Erlebnis hatte ich zwei Wochen danach. Einer meiner Nachbarn ist Hobbie-Imker und da mich das sehr interessiert, hat er mich eingeladen mir das alles zu zeigen. Er hat neben den typischen italienischen Bienen auch noch ganz viel andere Wild- und Waldbienen die nicht stechen. Die niesten meist in alten Baumstämmen und Er nimmt den Stock, siedelt ihn um und nimmt ihn nachts mit nach Hause, wenn alle Bienen schlafen. Auf jeden Fall haben wir zusammen zwei Bienenstöcke geöffnet, ein paar Waben mit dem Messer entfernt und den Honig frisch aus den Waben getrunken. Es ist nicht nur so, dass der Honig durch die verschiedenen Blüten anders schmeckt, sondern auch, dass die unterschiedlichen Bienenart unterschiedliche Geschmäcker produzieren. So war der eine Honig golden und zäh und hatte ein Zitrusaroma und der andere ganz klar und dünnflüssig mit einem ganz unbeschreiblichen Geschmack. Ehrlich habe selten so etwas frisches und köstliches gekostet und hoffe das nochmal wiederholen zu können. Das ist wirklich ein krasses Erlebnis: Die Bienen schwirren um einen herum. Man hat einen Wachskelch bis oben hin mit Honig gefüllt und allesklebt und tropft und es ist einfach großartig. Mein Nachbar vermischt den Honig mit selbstgebranntem Schnaps und das schmeckt dann wie Mett, nur ein bisschen stärker und da die Gallone (DIE GALLONE!!!!) nur 12 Dollar kostet, habe ich gleich mal zwei für die nächste Party geordert. Also ca. 8 Liter feinsten Honigschnaps für 25 Dollar. Wenn das mal kein köstliches Schnäppchen ist, Prost!

Das waren also meine zwei So-langsam-fühle-ich-mich-hier-zu-Hause Erlebnisse, die ausnahmsweise mal nix mit feiern zu tun haben. Und trotz des Heimwehs und den Schwierigkeiten beim sozialen Neustart habe ich beschlossen nochmal ein halbes Jährchen dranzuhängen und so kannst du mich frühestens im März 2011 zurückerwarten. Dann gibt’s aber ein Wiedersehen, dass sich feiertechnisch gewaschen hat, aber das weißt du ja mein Nimmerland. Bis bald,

Felix